Eine grandiose Vorstellung lieferte Philipp Weber bei seinem jüngsten, dem 5. Auftritt in Rheinstetten auf der KiR-Bühne ab.
Donnernder, orkanartig anschwellender, rhythmischer Applaus begleitete ihn von der Bühne. Es war ein besonderer Festtag für alle Demokraten! Denn Philipp Weber befasste sich in seinem Zweieinhalb-Stunden-Programm mit der Demokratie im Allgemeinen und dem Volk im Besonderen.
Bei uns herrsche keine Demokratieverdrossenheit sondern eine Demokratiemüdigkeit, so die Erkenntnis von Philipp Weber. Also stelle sich die Frage, wo man Urlaub von der Demokratie machen könne, um sich von ihr zu erholen. Vielleicht in Saudi-Arabien oder in Russland, aber nicht mit Air-Tour sondern mit Dikta-Tour.
Die elementarste Frage für ihn sei jedoch „Wer ist das Volk?“ Im Grundgesetz finde er dazu keine Definition und dieses dauernde lautstarke Skandieren der Parole „Wir sind das Volk“ führe ihn zu der Fragen: „wenn ihr das Volk seid, wer sind dann wir?“ Er müsse da unwillkürlich an Heinrich Heine denken: Denk ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht.
Am Beispiel eines Ameisenvolkes versuchte Philipp Weber eine Antwort auf Demokratie und Volk zu geben, denn Ameisen und Menschen haben, so sagte der Kabarettist, eine Gemeinsamkeit: Sie sind politische Wesen. Aber die Menschen hätten eine Anspruchshaltung entwickelt, dass die Politik liefern müsse. Für die Ameisen sei klar, alle müssen liefern, damit der Ameisenstaat funktioniert.
Philipp Weber sprach über den Zustand unserer Gesellschaft, aber durch seine gelungenen, phantasievollen Geschichten, in die er seine Kritik verpackte, machte er daraus einen überaus genussvollen Abend mit neuen Erkenntnissen wie: bevor Sachsen überakademisiert wird, wird das Matterhorn überfischt. Oder: Ein Mann muss tun, was ein Mann tun muss. Eine Frau muss tun, was ein Mann hätte tun müssen.
Übrigens: Philipp Weber hat nichts von seiner Lebendigkeit verloren. Auch beim 5. Gastspiel auf der KiR-Bühne war die Schnelligkeit seiner Sprache eine Herausforderung für das Publikum und seine Kilometerleistung während des Programms lassen manchen Fußballbundesligaprofi erblassen.
Wer kann schon von sich behaupten ein „Glückliches Händchen“ zu haben - wenn nicht Martin Fromme? In Rheinstetten auf der KIR-Bühne machte er mit einem der wohl ungewöhnlichsten Projekte der deutschen Comedy-Kabarett-Szene Station. Comedy mit klarer Haltung und politisch unkorrekt. So war es angekündigt und so wurde es.
Gleich zu Beginn testet der von Geburt an mit einem Handicap lebende Martin Fromme die Belastungsfähigkeit des überschaubaren Publikums, das den Weg in die Aula des Schulzentrums gefunden hatte. Denn er bespielte das Thema Behinderte / Nichtbehinderte zum Teil bis an die Schmerzgrenze. Behinderte auf der Bühne, so Fromme, sei kein schlechter Gedanke, denn man werde sowieso immer angestarrt und bei einer Vorstellung zahlen die Leute wenigstens Geld dafür.
Dass er als behinderter Künstler viel Erfolg bei seinen weiblichen Fans habe, sei logisch, wahrscheinlich denken viele „der Typ klammert nicht“. Fromme reißt mit seinen Aussagen Grenzen ein, an die sich nichtbehinderte Kabarettisten nie herantrauten.
Unterbrochen wurden seine Vorträge immer wieder durch Einspieler in Form von Film und Bild sei es mit Bildern von gescheiterten Rollstuhlrampen oder der Frage „Können Rollstuhlfahrer auch richtige Rampensäue sein?“ Gerade die Berichterstattung bei den Paralympics habe ihn da immer wieder den Kopf schütteln lassen, wenn da getitelt wird „Brasilien mit einem Bein im Finale“ oder „Die Deutschen hinken im internationalen Vergleich hinterher“.
Gegen Ende drehte Martin Fromme den Spieß einmal um und fragte in einem Text, den er aus seinem Buch vorlas, was denn wäre, wenn die Mehrheit behindert wäre -da kommt man als Zuschauer ins Grübeln.
Der Abend endet mit Martin Frommes Lieblingszeitungsausschnitt, auf dem ein blinder Mann zu sehen ist. Bildunterschrift: „Werner Schmidt, Augenzeuge“. Mit seinem ungewöhnlichen Programm hat Martin Fromme seine Ankündigung wahrgemacht und ein klares Statement zur Diversität abgelegt. Kunst und Kultur, so der Künstler, sollten die Kraft haben zu verändern. Ohne erhobenen Zeigefinger. Martin Fromme kann das.